Praxen ohne Personal – Services durch künstliche Intelligenz
Die ambulante Versorgung im Wandel?
Die ambulante Versorgung in Deutschland wird primär durch niedergelassene Ärzte erbracht. Diese sind neben dem stationären Sektor wesentlich für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung verantwortlich (1,2). Die insgesamt 709 Millionen ambulanten Behandlungsfälle (2017) von gesetzlich Versicherten haben die Krankenversicherungen mit 39 Milliarden Euro vergütet (1,2). Erster Ansprechpartner bei gesundheitlichen Problemen ist für 88 Prozent der Versicherten der Hausarzt (2,3). Eine Möglichkeit den Erstkontakt mit dem Hausarzt zu vereinfachen, könnten in Zukunft digitale Unterstützungsangebote darstellen. Zukunftsmusik stellen hier KI-basierte Patientenkontaktpunkte dar. Aus Krankenversicherungssicht ist daher eine der zukünftigen Fragestellungen, welche Potentiale Services auf Basis von KI bieten könnten.
Praxen ohne Personal im Erstkontakt
Die rechtliche Grundlage für die ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist in Deutschland durch die Änderung der ärztlichen Berufsordnung geschaffen worden. Praxen unter der Leitung von Medizinischen Fachangestellten, in denen der Arzt telemedizinisch hinzugeschaltet wird, werden aktuell in Baden-Württemberg erprobt (4-6,7). Eine Weiterentwicklung ist der Einsatz von KI für den Erstkontakt ohne Medizinische Fachangestellte oder Arzt, dieser wird aktuell im asiatischen Raum getestet. Die unbemannte Praxis ist hierbei mit Untersuchungsgeräten ausgestattet, beispielsweise einem Gerät zum Puls messen oder der Kommunikation mit einem digitalen auf KI-basierendem Gegenüber (8). Die Diagnostik erfolgt in diesem Fall auf Basis eines Datensatzes von mehreren hunderttausend Fällen durch die KI. Das Hinzuschalten des Arztes kann im Falle von komplexen Fragestellungen, Unklarheiten oder Auffälligkeiten in der durchgeführten Diagnostik direkt telemedizinisch erfolgen. Anschließend besteht für den Patienten die Möglichkeit, die verschriebenen Medikamente in der angeschlossenen digitalen Apotheke zu beziehen (8,9).
Kosteneinsparungspotenziale durch Services durch Künstliche Intelligenz?
Generell haben die unbemannten Praxen aufgrund ihres portablen Charakters, häufig in Form eines Containers, gegenüber herkömmlichen Praxen den Vorteil den Zugang zur Gesundheitsversorgung auch in ländlichen Gebieten mit geringem Aufwand zu ermöglichen. Zusätzlich bietet die Diagnostik auf KI-Basis die Option einer 24-stündigen Gesundheitsversorgung, da sich kein medizinisches Personal vor Ort befinden muss (8,9). Dies eröffnet die Möglichkeit mit den aktuell verfügbaren Ressourcen eine höhere Zahl an Patienten behandeln zu können und den zukünftigen Bedarfsanstieg medizinischer Versorgung aufgrund des demografischen Wandels abzufedern. Die mittels KI durchgeführte Patienteneinordnung hinsichtlich der Notwendigkeit einer Konsultation mit dem Arzt oder Facharzt, kann die Behandlungskosten für den Erstkontakt verringern, da Personalkosten eingespart werden. (4,8,9).
Bei Einsatz der Diagnostik durch KI in Praxen ohne Personal ist eine Äquivalenz hinsichtlich der Qualität und Effektivität der Versorgung gegenüber dem analogen Arzt-Patienten Kontakt notwendig (5,8). Besonders in Ländern mit einer kurzen Wartezeit für medizinische Leistungen, beispielsweise Deutschland, kommt es angebotsseitig zu geringen Engpässen (10). Daher haben die Auswirkungen auf die Versorgungsqualität sowie die Kosten bei neuen Technologien oberste Priorität. Zusätzlich müssen die IT-Sicherheit und der Datenschutz gewährleistet sein, um die Gesundheitsdaten der Patienten zu schützen (8-10). Die Praxen müssen einer Überforderung der Patienten durch die neue Technik entgegenwirken, um Informationsverluste zu minimieren und falsche Befunde zu verhindern. Erklärungstutorials könnten einen Lösungsansatz darstellen, um die durch eine falsche Befundung entstehenden Zusatzkosten zu minimieren (4,5,8).
Übertragbarkeit auf die ambulante Versorgung in Deutschland prüfen
Das Unternehmen Ping A Good Doctor erprobt aktuell in China unbemannte Praxen mit einer Diagnostik durch KI. In den ersten zwei Monaten nach der Einführung haben die One Minute Clinics drei Millionen Patienten behandelt (8,9). Aufgrund der Unterschiede zum deutschen Gesundheitssystem sollten die Ergebnisse aus den zukünftigen Studien hinsichtlich der Qualität und Patientensicherheit abgewartet werden, um eine Übertragbarkeit auf die ambulante Versorgung in Deutschland beurteilen zu können (4,8). Bei Eignung bietet sich eine regionale Erprobung in Anlehnung an die Testphase der Praxen unter der Leitung von Medizinischen Fachangestellten in Baden-Württemberg an. Für eine breite Anwendung im Anschluss ist eine Akzeptanz der Leistungserbringer sowie Klärung der Erstattungsübnerahme notwendig. Zusätzlich muss die ärztliche Berufsordnung weiter angepasst werden (6, 7, 8).
Fazit
Disruptive Innovationen, wie Services durch künstliche Intelligenz in unbemannten Praxen haben das Potenzial die ambulante Versorgung der Zukunft grundlegend zu verändern. Diese können eine noch nicht quantifizierbare Auswirkung auf die Ausgaben der Krankenversicherungen haben, da sich die Kosten für den Erstkontakt bei der Anwendung signifikant verändern. Offene Fragen wie der Datenschutz, die Qualität und Effektivität müssen jedoch vorab geklärt und regulatorisch gesichert werden.
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